Titelthema //

17.10.2023

The New Spain – Die vielen Gesichter des neuen Spanien, Teil 2

Unbefangen in die Zukunft – die Erzeuger Zentralgaliciens und des Bierzo

Der erste Teil unserer Betrachtung des spanischen Weinphänomens „The New Spain“ führte uns zuerst in die Rioja und im Anschluss nach Galicien, wo sich gerade in der Küstenappellation Rías Baixas eine äußerst aktive Szene an Erneuerern entwickelt, welche die Gewächse der großen weißen Hauptsorte Albariño zu neuen Horizonten führt. 

Um dem galicischen Weinsektor gerecht zu werden, muss indes betont werden, dass sich seit dem Jahrtausendwechsel Schritt für Schritt auch die anderen Anbaugebiete der Region mit Projekten zu Wort melden, die ganz klar die Züge der spanischen Weinpostmoderne tragen. Im Unterschied zu anderen Regionen weist Galicien jedoch zwei Herkunftsgebiete auf, denen eine kontinuierliche Entwicklung im historischen Kontext gänzlich fehlt. Ribeira Sacra ebenso wie Valdeorras können nicht von sich behaupten, am großen Spanienboom der achtziger und neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in irgendeiner Weise partizipiert zu haben. Die beiden heute von Spanienkennern hoch geschätzten Kleinappellationen haben die Modernisierungsphase des spanischen Weinbaus im Grunde übersprungen und landeten sozusagen mit der Renaissance ihrer Gewächse direkt in der Postmoderne. Unbeeinträchtigt von Altlasten und bar jeden Verdachts einmal industriellen Weinbau betrieben zu haben, erweckten die Weingüter der aktuellen Gründergeneration das alte Rebland aus seinem Dornröschenschlaf, um ihre ganz eigenen Interpretationen der vorhandenen Terroirs zu entwickeln. Dominio do Bibei, eine der führenden Bodegas der im südlichen Zentralgalicien gelegenen DO Ribeira Sacra, entwickelte eine neue Identität, indem man Teile alter weinbaulicher Gegebenheiten integrierte. Die Terrassenkultur der weitverstreuten Weinberge weisen hauptsächlich Mencía-Trauben auf, die bis heute oft nur mit Hilfe von Mulis und Pferden gelesen werden können. Das Erstaunen der Weinmacher war groß, als sie entdeckten, dass um die mitten im Feld zugänglichen Punkten angelegten historischen Kelterbecken ein Sammelsurium an Miniparzellen alter galicischer Sorten existierten, die dazu dienten, schon im Weinberg im Zusammenspiel mit der Mencía eine Cuvée zu keltern, welche dann in Schläuchen in die Winzerhäuser transportiert wurde. Diese von ortsgebundener Tradition vorbestimmten Weintypen bilden heute das Herz der Dominio do Bibei-Kollektion. Die Transparenz gegenüber dem Althergebrachten wird durch ein biodynamisches Gesamtkonzept perfektioniert und lässt außergewöhnlich feine Gewächse entstehen, die zwischen den Generationen zu schweben scheinen. 

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Bei Dominio do Bibei entstehen außergewöhnlich feine Gewächse, die zwischen den Generationen zu schweben scheinen.

Auf das Engste verwoben mit den örtlichen Terroirs präsentiert sich auch das Portfolio des Valdeorras-Erzeugers Valdesil. Die Appellation Valdeorras ist in ähnlicher Weise von einer „viticultura de montaña“ beziehungsweise einem Gebirgsweinbau bestimmt wie Ribeira Sacra, und auch hier wird die Arbeit des Erzeugers vom Willen zur Terroir-Transparenz geprägt. Einige der wichtigen Godello-Produzenten dieser kleinen Herkunftsbezeichnung an der Ostgrenze Galiciens müssen sicherlich zur Generation der Erneuerer gezählt werden, schon alleine aus der Position heraus, die Valdeorras ganz allgemein innerhalb der spanischen Weißweinrevolution eingenommen hat. Dazu gehören neben Rafael Palacios auch Bodegas Sampayolo der das unbekannte Haus Viña Somoza. Die Kleinteiligkeit der Parzellierungen im Gebiet verlangt den Erzeugern viel Arbeit ab, und Valdesil hat sich in dieser Hinsicht besonders hervorgetan. Neben den beachtlichen Einstiegsqualitäten konnten Raúl Prada und seine Önologin Cristina Mantilla vier Parzellen-Weine entwickeln, die je nach Bodentyp in unterschiedlichen Gebinden gären und reifen. Die vier sogenannten Pezas, wie man in Galicien Parzellen oder kleine Weinberge nennt, befinden sich momentan in der Umstellung zum biodynamischen Weinbau. Drei weiße Godello-Plots werden von einer vierten Peza ergänzt, die mit der roten Sorte María Ordoña alias Merenzao bestockt ist. Allen vier Gewächsen ist eines gemein. Sie wollen nicht auf den ersten Schluck gefallen und bersten geradezu vor Mineralität. 

Die New-Age-Bühne Bierzo

Von Valdeorras braucht es weniger als eine Stunde Fahrzeit Richtung Nordosten, um in das Zentrum der DO Bierzo zu gelangen. Nun ist der Bierzo sicherlich kein unbekanntes Gebiet mehr und die Mencía mitnichten eine unbekannte Rebsorte. Nichtsdestotrotz ist der Bierzo in mehrerlei Hinsicht ein Manifest der spanischen Postmoderne. Zum einen ist das Anbaugebiet mit breiter Unterstützung der Winzer und Bodegas vor Ort die Mammutaufgabe angegangen, eine fünfstufige Terroir-Klassifizierung als Alternative zum traditionellen Crianza-, Reserva- und Gran Reserva-Modell zu entwickeln. Zum anderen hat es die Appellation in ihrer Gesamtheit geschafft, als Quelle der Inspiration für viele junge Winzerinnen und Winzer anderer Anbaugebiete wahrgenommen zu werden. Man würde sich die Sache zu einfach machen, spräche man allein von einer aufstrebenden Parzellen- beziehungsweise Lagenkultur und der damit verknüpften Individualität. Der Bierzo zeichnet sich nicht nur durch alte Weinberge und komplexes Terroir aus, er repräsentiert auch eine Geisteshaltung, die von den jungen Erneuerern des Gebietes durch die Bank weg geteilt wird. Der Schutz der Biodiversität im Zuge eines schonenden Weinbaus, die Zurückgewinnung alter vergessener Weinberge, der Austausch von Erfahrungen in einem Gelände, welches zwar durchaus als historisch bezeichnet werden kann, aber kaum dokumentiert ist. Auch wenn jeder für sich arbeitet, herrscht ein stiller Konsens darüber, dieser besonderen Weinlandschaft im Übergang vom Atlantik zu den kontinentalen Hochebenen durch Massenproduktion nicht zu schaden. Der Ausdruck „el buen rollo“, das aus dem Umgangsspanisch vielleicht mit einem „guten Gemeinschaftsgefühl“ übersetzt werden kann, beschreibt die dortige Weinszene wohl am besten und spornt die Akteure zu individuellen Höchstleistungen an. Junge Nachwuchstalente teilen sich kleine Toplagen und bereiten aus einem scheinbar gleichen Terroir gänzlich unterschiedliche Kreationen. Keine alte Schule, kein „falscher“ guter Ton kompromittiert die Schaffenskraft der Kellereien. Entsprechend überzeugend sind die Ergebnisse. Selbst Kleinstprojekte wie die Erzeugerhäuser César Marquéz, Dominio de Anza oder Pago de los Abuelos sind inzwischen Namen mit Gewicht und gelten mit ihren eleganten Präzisionsgewächsen als qualitative Gradmesser, nicht nur für den Bierzo. 

Die Außenposten zeigen die Dynamik

Während sich in Zentralkastilien mit seinen berühmten Appellationen wie Ribera del Duero, Rueda und Toro die Zeichen des Wandels nicht ganz so stark manifestieren, zeigen sich die Randgebiete der kastilisch-leonesischen Hochebene ausgesprochen offen für Veränderungen. Zwei Beispiele stechen in dieser Beziehung besonders heraus. Im Westen geben einige Quereinsteiger mit ihren kompromisslosen, nüchternen und bisweilen sehr puristischen Weinen der alten Weinlandschaft der DO Arribes ein neues Gesicht. Im Süden der Region treibt eine wilde Mischung renommierter Weinmacher, mutiger Weinunternehmer und junger Einheimischer um das alte Weinbauzentrum Cebreros einen spektakulären Neustart des gleichnamigen Anbaugebietes voran. Je kleiner und auch isolierter die Appellation, desto überraschender beziehungsweise eigenständiger sind die Ergebnisse der zahlreichen neuen Projekte. Zunächst muss jedoch klargestellt werden, dass selbstredend auch in Zentralkastilien Winzer arbeiten, die man getrost als New-Age-Akteure bezeichnen kann. Alvar de Díos am Südrand von Toro verschlankt den konzentrierten Tempranillo-Stil am Westlauf des Dueros, und Manuel Cantalapiedra aus La Seca führt seine Fans weg vom fruchtig-spritzigen Verdejo-Typus hin zu einem kompletten Portfolio an würzig-extraktreichen Charakter-Verdejos eines ungeschminkten Stils, die er als Landweine aus Kastilien und León vermarktet. Und auch in Ribera del Duero melden sich Protagonisten zu Wort, welche das saftig-konzentrierte Tempranillo-Hochlandkonzept neu denken wollen. Die großen Herausforderungen, der sich die neuen Freigeister des Gebietes stellen müssen, bestehen darin, die typische Süße der Duero-Tannine sowie die Dichte des Mundgefühls zurückzufahren und im selben Atemzug die schmelzige Saftigkeit zu straffen. Keine leichte Aufgabe sollte man annehmen, doch arbeitet ein kleiner Kern an jungen Weinmacherinnen und Weinmachern schon seit einigen Jahren genau auf diese Ziele hin. Tonangebend ist sicherlich Ana Carazo und ihr La Loba-Projekt, welches die junge Önologin an der Ostgrenze der Appellation entwickelt. Uralte Weinberge in extremen Höhenlagen liefern kleine Volumina an Trauben mit perfekter Säure, deren Qualität auch überzeugt, wenn sie etwas früher gelesen werden. Im mittlerweile berühmten Winzerdorf La Aguilera im Zentrum der DO feilen zwei weitere leidenschaftliche Tüftler an ihrem sehnigen und zurückgenommenen Stil. Die Rede ist von Andrea Sanz und Pablo Arranz, Kennern unter dem Weingutsnamen Magna Vides bekannt. Biodynamische Einflüsse und eigene Erkenntnisse, welche aus der Bio-Bewirtschaftung kleiner Parzellen im Hochland nördlich von Aranda de Duero seit fast 25 Jahren gewonnen wurden, dienen als Grundlage für die Bereitung von Hochland-Gewächsen ganz eigenen Zuschnitts. Weitere wichtige Trendsetter in der Welt purster Tempranillo-Appellation sind Finca Solano, Marta Maté und die leider immer gänzlich unbekannte Casa Lebai bei Gumiel del Mercado.

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Tonangebend in Ribera del Duero st sicherlich Ana Carazo und ihr La Loba-Projekt, das die junge Önologin an der Ostgrenze der Appellation entwickelt.

Doch zurück zu unseren kastilisch-leonesischen Außenposten. Klar heraus muss gesagt werden, dass die DO Arribes im spanisch-portugiesischen Grenzgebiet kaum durch eine spezielle Dynamik auffällt. Doch hat möglicherweise gerade die Abgeschiedenheit und Ruhe dafür gesorgt, dass sich eine kleine Gruppe von Winzern schon seit geraumer Zeit ungestört und nur minimal beeinflusst vom Weingeschehen am oberen Duero mit viel individuellem Elan ganz und gar ihrer Hauptsorte Juan García widmet. Die Traube mit ihrer hellen Farbe und des leichtgewobenen Tannin Netzes war im Grunde nie in den Fokus renommierte Erzeuger aus anderen Gebieten gerückt. Die Zeiten haben sich geändert, und unter heutigen Gesichtspunkten könnte man sogar so weit gehen, die Juan García als eine New-Age Sorte par excellence zu bezeichnen. Feingliedrig und zart rotfruchtig reagiert sie hervorragend auf den Ausbau im Beton, der Amphore oder in größeren Holzgebinden. Kleinkellereien wie El Hato y el Garrabato oder La Setera wissen inzwischen um den Schatz, den die Terrassenanlagen über den Duero-Anhöhen von Zamora und Salamanca beherbergen, und bewegen sich mit ihren subtilen und weinigen Gewächsen wie Fische im Wasser der spanischen Postmoderne.


Hype um die kastilische Garnacha

Eine geradezu antagonistische Entwicklung zum Geschehen in den Arribes scheint momentan in der südkastilischen Appellation Cebreros abzulaufen. Auf die Appellation im Hochland der Provinz Ávila sind nicht wenige Blicke der spanischen Weinpresse gerichtet, und die Erwartungen sind hoch. Nicht nur dass sozusagen echtes New-Age-Urgestein in der Gestalt des Star-Erzeugers Comando G gerade eine neue Bodega bei Villanueva de Ávila fertigstellt. Auch der extrem umtriebige Önologe Telmo Rodríguez, Pionier des Gebietes, hat sich mit einem neuen lokalen Team umgeben, um seinen Cebreros-Crus einen weiteren Qualitätsschub zu verpassen. Zu behaupten die Postmoderne sei in Cebreros gut vertreten, ist eine Verkennung der Tatsachen. Die Mini-DO besteht so gut wie nur aus Tüftlern und Abenteurern auf der Suche nach der ultimativen Terroir-Präzision. Selbst die große Kooperative in Cebreros hat dank des rastlosen Engagements des Weinunternehmer Chuchi Soto eine 180-Grad-Drehung vollführt und keltert inzwischen ein verblüffend vielseitiges und höchst attraktives Sortiment an wohl austarierten Garnacha-Gewächsen. Naturals, Orange, Bio und Biodynamik, alles ist vorhanden, zuweilen in einem und demselben Betrieb. Die Zauberwörter lauten Garnacha Tinta, große Höhe, Granit und Schiefer sowie alte Parzellen im Einzelstock-Anbau. Das Ganze in einer verblüffend leeren und kargen Landschaft nur etwa 75 Minuten Fahrzeit von Madrid. Cebreros könnte sich in den kommenden Jahren zur Quintessenz des kastilisch-leonesischen New Spain mausern. 

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Oben: Die Mini-DO Cebreros hat dank des rastlosen Engagements der Weinunternehmer Jesús Soto und Belén Soto Manrique eine 180-Grad-Drehung vollführt. 

Links: Bei Jesús Soto lauten die Zauberwörter Garnacha Tinta, große Höhe, Granit und Schiefer sowie alte Parzellen im Einzelstock-Anbau. 

Rechts: Weinunternehmer Jesús Soto keltert man inzwischen ein verblüffend vielseitiges und höchst attraktives Sortiment an wohl austarierten Garnacha-Gewächsen.

 

Die Gruppe der Wegbereiter 

Das Füllhorn an Trends der spanischen Postmoderne, welche sozusagen in gebündelter Form unter der Bezeichnung „The New Spain“ im Fachpublikum die Runde machen, hatte natürlich seine Pioniere. Viele von ihnen zählen mittlerweile zu den erfolgreichen Erzeugern des Landes und werden heute kaum noch mit den aktuellen jungen Erneuerern in Verbindung gebracht. Und doch hätte die Postmoderne des spanischen Weinbaus ohne sie einen anderen oder zumindest weniger dynamischen Verlauf genommen. Ganz vorne mit dabei sind natürlich die Weinmacher, die vor 20 Jahren das Garnacha-Mythos Gredos geformt haben, darunter Bodegas Canopy und Jiménez Landi aus Méntrida, Bernabeleva und Comando G aus der DO Vinos de Madrid sowie Dani Ramos mit seinen „Raw Wines“ in der heutigen und schon erwähnten Appellation Cebreros. Rioja hatte seinen Vorreiter mit David Sampedro, der Nachbar Navarra den Vordenker Emilio Valerio; Galicien trug seinen Teil mit Adegas Guímaro und Zárate bei gefolgt vom Bierzo mit Ricardo Pérez Palacios. 

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Die Postmoderne des spanischen Weinbaus hätte ohne sie einen anderen oder zumindest weniger dynamischen Verlauf genommen: Bodegas Canopy. 

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Er gehört zu den Pionieren des „New Spain“: Daniel Landi aus Méntrida. 

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Ganz vorne mit dabei sind die Weinmacher, die vor 20 Jahren das Garnacha-Mythos Gredos geformt haben, darunter Bernabeleva. 

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Links: Mit finessenreichen Xarel-lo-Kreationen, die zum Teil in der Amphore ausgebaut werden, hat Enric Soler neben dem berühmten Vinya dels Taus katalanische Weißweingeschichte geschrieben.

Rechts: Der ehemalige Sommelier Enric Soler gilt als der eigentliche Gründer des neuen Kataloniens. 

 

Nachhaltigkeit und Low Intervention –

Katalonien als Motor der Postmoderne

Oft übersehen wird hingegen die Rolle des mediterranen Ostens. Entscheidende Weichenstellungen gehen auf zwei Priorat-Erben zurück, nämlich Sara Pérez und René Barbier jr., deren Montsant-Zusammenarbeit ebenso zukunftsweisend war wie die subtile Neuinterpretation der Gewächse ihrer jeweiligen Familiengüter. Gerade die Renaissance der Terracotta-Gebinde geht auch auf die Tochter des Mas Martinet-Gründers José Luis Pérez zurück. Katalonien muss ganz klar als eine Region gesehen werden, die immer dem Puls der Zeit gerecht wurde. In den Siebzigern läutet Torres als Mitbegründer des modernen Spaniens eine neue Wein-Ära ein, in den Neunzigern machten die konzentrierten Priorat-Gewächse Furore, und auch heute tummeln sich in zahlreichen katalanischen Herkunftsbezeichnungen Akteure, die höchst zeitgemäß arbeiten, sprich der Postmoderne zugeordnet werden können. Dabei fällt auf, dass einige Protagonisten vor 15 Jahren Avantgarde waren und es nach wie vor sind. Da wäre die als Clos Erasmus-Kellermeisterin zu Ruhm gekommene Katalanin Ester Nin mit eigenen Weinen im Priorat aber auch im Penedés. Zudem hat sie den berühmte Vinya dels Taus-Weißwein von Enric Soler mitgeprägt. Der ehemalige Sommelier gilt als eigentlicher Gründer des neuen Kataloniens und hat mit seinen finessenreichen Xarel-lo-Kreationen, die zum Teil in der Amphore ausgebaut werden, katalanische Weißweingeschichte geschrieben. Der deutsche Dominik Huber muss natürlich genannt werden, denn er spielte ein Schlüssel-Rolle bei der Entschlackung des kraftvollen Priorat-Stils hin zu puristischer Finesse, indem er die Lese deutlich früher antrat und das Holz aus seinem Keller fast vollständig verbannte. Und ohne Ricard Rofes, verantwortlich für die Weine von Scala Dei, wäre uns der Purismus im Beton ausgebauter Premium-Garnacha vorenthalten worden. Neben dem Priorat muss das Penedés als Dreh- und Angelpunkt des neuen Kataloniens gesehen werden. Die stetig wachsende Zahl der Winzer, die sich neu orientieren und ihre Arbeit im Weinberg wie im Keller nach den Maßstäben nahezu kompromissloser Nachhaltigkeit und strengem Terroir-Denken ausrichten, setzt sich zusammen aus Erben alteingesessener Kellereien und mutig-entschlossenen Neueinsteigern. Low Intervention, das heißt wenig Eingriffe bei der Weinbereitung, niedrige Erträge und ausgefeilte Präzision durch sehr limitierte Parzellen-Editionen, bestimmen die Arbeit von neuen Winzerbetrieben wie
L´Enclòs de Peralba der Cousins Leo und Roc Gramona, welche als sechste Generation des legendären Schaumweinhauses Gramona natürlich für Aufsehen sorgen oder die auf Mikrovinifikationen spezialisierte Cava Muscandia. Andere vielversprechende Betriebe sind Vinya Lluny und Casa Jou, letzterer mit hervorragenden Lagenschaumweinen außerhalb der Appellation. Zum Schluss noch ein Hinweis auf zwei bemerkenswert eigenständige Interpretationen großer katalanisch-spanischer Weißweinsorten: Wer Xarel.lo schätzt, kommt an Pur des New-Age-Penedés-Erzeugers Pardas nicht vorbei, und Finca Racons Macabeu von Cara Nord / Tomas Cusiné aus den Höhenlagen der DO Costers del Segre dürfte selbst gestandene hispanophile Weinveteranen aus dem Konzept bringen. 

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Wenig Eingriffe bei der Weinbereitung und ausgefeilte Präzision durch sehr limitierte Parzellen-Editionen, bestimmen die Arbeit von neuen Winzerbetrieben wie L’Enclòs de Peralba. 

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Leo (r.) und Roc Gramona (l.) treten als sechste Generation des legendären Schaumweinhauses Gramona in große Fußstapfen.

Bei unserer Betrachtung des „New-Spain-Phänomens“ haben wir uns vor allem mit der Nordhälfte des Landes beschäftigt. Selbstverständlich macht der spanische New Age am zentralen Gredos-Gebirge nicht halt. Jumilla im Südosten des Landes weist eine zunehmende Dynamik auf, was anders denkende Winzer angeht. Der Süden Madrids und einige hochgelegene Terroirs in der Mancha haben neue Projekte angezogen. Valencia kann auf hervorragende Projekte im Alforins-Tal verweisen, und da wäre natürlich der Süden mit den neuen Gebirgsweinen aus dem historischen Rebland Málagas. Als ein ganz eigenes Kapitel muss das Geschehen in den Sherry-Landschaften um Jerez de la Frontera und Sanlúcar de Barrameda bewertet werden, wo sich geradezu revolutionäre Entwicklungen abzeichnen. Vinos de Pasto und nicht aufgespritete Vinos Generosos werden die Sherry-Szene wohl für immer verändern. Spaniens neue Weinszene, man kann es nicht anders sagen, entwickelt sich zu einer der großen Bewegungen der internationalen Weinwelt. 

 

The NEW SPAIN, Teil 1, lesen Sie HIER 



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