Die 2018er Ernte in Spanien: Ein ungewöhnlich kühler und qualitativ nicht überall ganz einfacher Jahrgang sorgt für volle Keller
Noch stehen die offiziellen Zahlen aus, aber schon jetzt ist klar, dass Spanien eine große Ernte eingefahren hat. Man spricht von rund 47 Millionen hl. und der größten Ernte seit 2013. Die Erleichterung ist einerseits aller Ortens groß, denn die Stocks waren auf Grunde der sehr knappen Vorjahresernte in einigen Anbaugebieten auf historische Tiefststände zurückgegangen. Qualitativ gesehen gab es andererseits sehr große Unterscheide von Region zu Region. Während sich Altkastilien, Teile des südlichen Zentrums und auch die Extremadura sowie Andalusien mehr als zufrieden zeigen, kostete die Lese in anderen Teilen des Landes viel Zeit und Mühe.
Große Kontraste und späte Reife
Die 2018er Lese wird wohl vielen Winzern im Gedächtnis haften bleiben, denn so spät wurde lange nicht mehr geerntet. Insbesondere in den Regionen der nördlichen Hälfte des Landes begann die Lese an vielen Punkten erst gegen Mitte Oktober, was viele erfahrene Weinbauern an Ernten vor 25 Jahren zurückdenken lies. Der Wachstumszyklus zog sich in die Länge, und viele Betriebe hofften auf einen atlantisch geprägten Jahrgang mit kühl gewachsenen, eleganten Gewächsen. Ganz so einfach stellte sich die Situation dann doch nicht dar. Der zentrale Norden, sprich Navarra und Rioja meldeten schon recht früh Fäulnisprobleme. Hinzu kam immer wieder Hagelschlag, und der falsche Mehltau bedrohte viele Flächen. Die behördlichen Beratungsstellen für Weinbau hatten alle Hände voll zu tun. Einerseits lagen die Erträge über dem langjährigen Durchschnitt, andererseits zeigte sich die Qualität in diesen Referenzanbaugebieten schon lange nicht mehr so unregelmäßig wie in diesem Herbst. Schlussendlich konnte die Rioja ein gutes Ergebnis erzielen, der Frühherbst zeigte sich von seiner besten Seite und das große Volumen von geschätzten 330 Mill. L beruhigte die Produzentenseite am Ebro. Nichtsdestotrotz zeigte sich das Qualitätsniveau so heterogen wie schon lange nicht mehr. Während die Rioja Baja erstklassiges Traubengut meldete, präsentierte sich die Situation an den niederschlagsreicheren Abschnitten im Nordwesten nicht ganz so unkompliziert. Für die Winzer am oberen Ende der 65.000- Hektar-Appellation ist eine komplizierte und arbeitsaufwendige Lese zu Ende gegangen.
Kühles Frühjahr und ergiebige Niederschläge
Im Herbst 2017 waren viele Autonomien Spaniens alarmiert. Die Stauseen, welche die Wasserversorgung in vielen Regionen garantieren, zeigten Mindeststände an. Im Spätherbst/Winter drehte sich die Großwettersituation und sorgte für über Monate hinweg anhaltende Niederschläge. Nicht nur der Norden, nein ganz Spanien profitierte von den niedergehenden Regenfällen. Für den Weinbau indes waren die Niederschläge nicht nur ein Segen, wie sich bald herausstellen sollte. In den Talsohlen und in zahlreichen den vom Wind abgewandten Lagen setzte sich die Feuchtigkeit fest und sorgte für Probleme. Gebiete, die normalerweise eher mit Wetterkapriolen zu rechnen haben, wie der Norden der Appellation Navarra, blieben vom Feuchtigkeitsdruck verschont, während viele Dörfer im sonnenverwöhnten Ebrobecken im Süden der DOP zu leiden hatten. In Rioja zeigten sich das Lesegut in vielen historischen Lagen an den Hängen tadellos, während sich in den Niederungen Krankheitsherde festsetzten. Wer rechtzeitig reagierte, hatte die Situation im Griff, andere kämpften im Herbst mit durchwachsener Qualität. In Rioja wird die Lese als „strategisch“ bezeichnet, da die große Menge den quantitaiven Engpass des vergangenen Jahres ausgleichen wird. Der gemeinsame Nenner beider Herkunftsbezeichnungen lautet im jeden Fall Volumen. In Altkastilien präsentierte sich die Erntesituation etwas homogener. Dort, nördlich des spanischen Scheidegebirges, gab es klare Gewinner. Das trockene Westkastilien profitierte von der Ausnahmesituation, und die kleineren Appellationen (mit Ausnahme der Arribes) wie Tierra del Vino de Zamora und allen voran Toro melden sehr gute Qualität fast ohne Einschränkung. Auch in Ribera del Duero scheint dieses Jahr alles rund gelaufen zu sein. Das Volumen ist beträchtlich, die Qualität ist es auch. Dort fühlte man sich an die üppige 16er Ernte erinnert, wobei viele Kellereien den neuen Jahrgang allgemein als deutlich hochwertiger einschätzen. Alleine der Bierzo zog zumindest in Bezug auf die roten Trauben den schwarzen Peter, widrige Wetterverhältnisse und Fäulnis bereiteten den Winzern an vielen Punkten Schwierigkeiten. Die Weißweinernte erbrachte hingegen gesundes Lesegut. Weiter nordwestlich zogen die Galicier überwiegend eine gemischte Bilanz. In Ribeira Sacra freute man sich über das sonnige Wetter im Oktober. Die verspätete Lese konnte mit guter Qualität abgeschlossen werden. Der Verlust durch falschen Mehltau war allerdings vielerorts beträchtlich, die Menge blieb an den Ufern des Sil weit hinter den Erwartungen zurück. Für die Albariño-Produzenten war der Jahrgang in dieser Hinsicht ähnlich problematisch. Die Winzer, die rechtzeitig gegen den falschen Mehltau behandelten, schwärmen allerdings von einem tadellosen Jahrgang mit großem Potenzial.
Gemischte Gefühle im Zentrum
Das Iberische Scheidegebirge mit seinen raren Garnacha-Qualitäten hatte Glück und brachte bei üppigen Erträgen rote Trauben von hervorragender Qualität ein. Bei den weißen Qualitäten fiel das Ergebnis dagegen äußerst knapp aus. Südlich von Madrid präsentiert sich eine komplexe Situation. Der Norden der Mancha , d.h. Teile der Provinz Toledo, zeigt gute Qualität aber weniger Menge als erwartet. Die kleine Appellation Méntrida am Rande des Scheidegebirges erfreute sich hingegen guter Qualität bei befriedigenden Erträgen. Im Zentrum der Mancha wurden indes ausgesprochen hohe Volumina gemeldet. Die Güte des Lesegutes wird sehr unterschiedlich beurteilt. Kastilien La Mancha könnte bis zu 24 Millionen Hektoliter eingefahren haben und damit das größte Volumen seit fünf Jahren. Mit fast drei Wochen Verspätung holte man Trauben mit teilweise ungewöhnlich niedrigen Oechslegraden ein, was einerseits eine gute Nachricht für die Sektgrundweinbereitung bedeutet. Allerdings gab es im Hochland auch Landstriche mit Reifeproblemen. Die bis in den Hochsommer hineinreichenden Regenfälle forderten ihr Tribut. Entsprechend schlank fielen viele Tempranillos aus. Bei der Vorzeigesorte lagen Licht und Schatten dicht beieinander. Generell gesehen kann die Mancha dennoch zufrieden sein. Das große Volumen wird allerdings auf die Preise drücken.
Zufriedene Produzenten im Nordosten
Die Winzer Aragóns profitierten insgesamt gesehen von der für Ostspanien ungewöhnlichen Wetterlage und holten hohe Ertragsmengen von exzellenter Güte ein. Selbst in den ariden Gebieten wie Calatayud lagen Volumen und Qualität klar über dem Durchschnitt. Auch im katalanischen Penedés fühlten sich zahlreiche erfahrene Winzer in die Vergangenheit versetzt. Dass viele Parellada-Parzellen erst Mitte September gelesen wurden, hatte man Jahre nicht gesehen. Einfach war es für die Produzenten der größten katalanischen Appellation dennoch nicht. Auch dort kämpften die Weinbauern mit Fäulnisattacken. Dafür lieferte der 18er Herbst angenehm frische, leichte und säurebetonte Grundweine für die Schaumweinproduktion. Unregelmäßig lauten auch das Urteil vieler Priorat-Erzeuger hinsichtlich der diesjährigen Erntesituation. In den gut durchlüfteten Hängen mit alten Reben wurde Spitzenqualität eingeholt. In flacheren Lagen kämpfte man auch in diesem sonst so trockenen Gebiet mit Fäulnisattacken und ungenügender Reife. Auf Mallorca wie in den meisten katalanischen Gebieten erforderte die diesjährige Lese ebenfalls viel Arbeitseinsatz. Obwohl im September praktisch keine Niederschläge auftraten, litten die Reben unter einer extremen Feuchtigkeit. Nur eine aufwendige Auslese in den Weinbergen rettete die Ernte an vielen Stellen der Balearen-Insel. Vielerorts kam es folglich zu beträchtlichen Ertragseinbußen.
Uneinheitliche Traubenqualität in Levante
Der gesamte Südosten hatte in diesem atypischen Jahr zu kämpfen. Allgemein gilt: sehr gute Weißweinqualitäten und leichtere und weniger farbintensive Tintos. In Valencia brachte erst die zweite Septemberhälfte die ersehnte trockene Witterung. Das Hochland verzeichnete etwas weniger Niederschlag, erntete aber ebenfalls relativ schlanke Rotwein-Qualitäten. Zudem litten die Hauptsorte Bobal ebenso wie die Tempranillo unter Fäulnis. Die internationalen Sorten erbrachten dafür perfekt ausbalancierte Trauben. Etwas entschädigt zeigten sich hier Winzer durch die zufriedenstellenden Erträge. Die Weinmacher der jüngeren Generation hatten eine späte Lese mit niedrigen Oechslegraden in dieser Form noch nie erlebt. Das Inland von Alicante kam relativ ungeschoren davon, trotzdem kosteten die Selektionen im Weinberg viel Mühe. Ebenso wie die Winzer in Jumilla, mussten die alicantinischen Weinbauern viel Arbeit in ihre Weinberge stecken. Insbesondere die feuchtigkeitsempfindliche Monastrell verlangte den Winzern alles ab. Bei strenger Auslese konnten allerdings feine, frische und aromatische Qualitäten gekeltert werden.
Positives Gesamtbild in Andalusien
Die ergiebigen Niederschläge des Frühjahres machten auch vor Andalusien nicht halt. In einigen Lagen des Marco de Jerez registrierte man über den Winter bis ins späte Frühjahr hinein bis zu 800 l Regen auf den Quadratmeter. Die Küstenwinde verhinderten jedoch in den meisten Lagen größere Fäulnisprobleme und das Gebiet konnte rund 15% mehr Volumen bei hervorragender Qualität einbringen. Ähnliches gilt für Montilla Moriles und Málaga.
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